WEG verweigert Wallbox
Probleme bei der Installation einer Wallbox.
In den Jahren 2015 bis 2019 scheiterten viele Wohnungsbesitzer mit ihrem Wunsch, eine Wallbox in der Garage zu installieren, an der Eigentümergemeinschaft. Der Antrag konnte bereits durch eine Gegenstimme abgelehnt werden und manche Patrol-Heads waren schon aus Prinzip dagegen. Nun trat am 01.12.2020 die Reform des WEG Rechts in Kraft und schuf einen Rechtsanspruch auf eine Ladestation bzw. neudeutsch Wallbox. Doch sind damit wirklich alle Probleme gelöst?
1. Auf welche Wallbox besteht ein Anspruch?
Durch die „Gesetzesreform zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEModG)“ gibt es verschiedene Änderungen im WEG. Einige betreffen auch die Elektromobilität:
Eine wichtige Neuerung auf dem Weg zur eigenen Wallbox ist das veränderte Quorum, um diese baulichen Veränderungen mit den anderen Miteigentümern der Hausgemeinschaft zu beschließen. Für eine Wallbox reicht nun eine einfache Mehrheit auf der Eigentümerversammlung aus.
Der Wohnungseigentümer kann jetzt grundsätzlich den Einbau einer Ladevorrichtung in der Tiefgarage oder an einem Parkplatz verlangen, wobei die WEG immer noch über die Ausführung der Baumaßnahme bestimmen kann. Natürlich muss der Antragsteller alle Kosten für Einbau und Wartung der Wallbox bezahlen.
Hier gehen aber schon die Probleme los: Hat der Wohnungseigentümer auf eine Wallbox mit 22 KW oder11 KW oder muss er sich mit 3,6 KW begnügen?
2. Wie kommen Mieter an eine eigene Wallbox?
Auch Mieter haben einen Anspruch auf Einbau einer Wallbox, der Beschlussantrag muss jedoch über den Eigentümer gestellt werden. Der Mieter kann den Eigentümer jedoch verpflichten, diesen Antrag zu stellen. Der Vermieter kann nur in Ausnahmefällen und bei triftigen Gründen dem Einbau widersprechen . Beispielsweise, weil es ein begründetes Interesse daran gibt, den Zustand des Gebäudes bei Denkmalschutz unverändert zu erhalten.
Nach Beschlussfassung über die Ausgestaltung kann der Eigentümer die Arbeiten beauftragen. Voraussetzung ist natürlich, dass der Mieter über eine eigene Parkmöglichkeit verfügt. Das kann ein Stellplatz auf einem Hof sein oder auch in einer Tiefgarage. Ein Vermieter kann verlangen, dass beim Auszug die bauliche Veränderung wieder rückgängig gemacht wird.
3. Genehmigungspflicht von Wallboxen ab 3,7 Kw
Gemäß §19 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) müssen in Deutschland neue Wallboxen ab einer Leistung von 3,7 KW beim zuständigen Versorger angemeldet werden. Die Grenze von 3,7 kw ergibt sich nicht direkt aus dem Gesetz, sondern kann durch Auslegung aus der Gesetzesbegründung ermittelt werden.
Auch die Versorger (z.B. vattenfall.de/infowelt-energie/wallbox-anmelden) gehen von einer „Anmeldepflicht einer Wallbox mit einer Leistung von mehr als 3,7 kW bis 12 kW beim Netzbetreiber“ aus. Daraus folgt, dass Steckdosen mit 200 Volt, 16 A und einer maximalen Leistung von 3680 Watt nicht anmeldepflichtig sind und schon gar nicht genehmigungspflichtig sind. Sie können daher eine gute Übergangslösung bei störrischen WEG-Verwaltern sein, bis die Ansprüche auf eine größere Wallbox gerichtlich durchgesetzt sind. Voraussetzung ist nur, dass die Steckdose für eine Dauerbelastung von 16 A konzipiert ist, die Leitungen mit 2,5 mm² Querschnitt versehen sind und entsprechend mit 16 A abgesichert sind, was bei einer üblichen 16-A-Steckdose der Falls ein dürfte.
Zurzeit wird die VDE-Anwendungsregel VDE-AR-N 4100 „Technische Anschlussregeln Niederspannung“ erarbeitet, die zukünftig auch auf die Elektromobilität eingeht. Hier wird vorgeschlagen, künftig nur Ladeeinrichtungen ab einer Bemessungsleistung größer 4,6 kw beim Netzbetreiber anmeldepflichtig zu machen.
Große Wallboxen mit einer Leistung über 12 kw stehen aber auch zukünftig unter Genehmigungsvorbehalt. Der Netzbetreiber überprüft die Bausubstanz, die Leitungen und die Größe des Hausanschlusses im Verhältnis zum Verbrauch der Hausgemeinschaft . Findet er Mängel, die den Betrieb gefährden, lehnt er die Genehmigung ab. Eventuell muss ein weiterer Hausanschluss beantragt werden. Wallboxen bis 12 kw, die vor dem 1.3.2019 installiert und in Betrieb genommen wurden, profitieren vom Bestandsschutz und sind auch in Zukunft nicht anmeldepflichtig.
4. Nachteile des Ladens an einer 220 Volt Steckdose
Das Laden an einer Steckdose mit Ladeziegel (200V, 16 A) ist jedoch in einigen Punkten nachteilig.
Das Laden an einer Steckdose ist natürlich langsamer als an einer größeren Wallbox: Mit einer 11 kW-Wallbox kann man 75 % Zeitersparnis gegenüber einer Steckdose gewinnen, mit einer noch 22 kW-Wallbox
sind sogar 87 % möglich.
Dazu kommt: Elektroautos ziehen mehr Energie aus dem Stromnetz, als in der Batterie am Ende gespeichert wird, weil während des gesamten Ladevorgangs die Bordelektronik aktiv ist und Strom verbraucht. Daher giltder Grundsatz: Je höher die Ladeleistung, desto kürzer der Ladevorgang und damit auch die Zeit, in der Ladeverlust entstehen kann. Oder anders gesagt: Je niedriger der Ladestrom, desto größer der Verlust im Wirkungsgrad.
Ein VW ID3 verliert z.B. 13,6% beim Laden an einer normalen Steckdose, während er an einer 11 Kw-Wallbox „nur“ 9,0 % verliert. Beim Tesla Model 3 ist der Unterschied noch größer: 15% Verlust an der Steckdose und 7% an der 11Kw Wallbox.
Andererseits schon das Laden an der Steckdose wiederum den Akku, was den Ladeverlust finanziell überkompensieren dürfte, wenn man das konkrete Elektroauto sehr lange fahren möchte. Genaue Berechnungsmodelle dazu werden erst in einigen Jahren verfügbar sein.