Was kann man gegen Mietnomaden tun?
1. Was ist ein Mietnomade?
Als Mietnomade wird der Wohnraummieter bezeichnet, der schon vor dem Einzug vorsätzlich plant, die vertraglich vereinbarte Miete nicht zu entrichten. Mietnomaden legen es darauf an, aus einer Wohnung herausgeklagt zu werden und nutzen den sehr weitreichenden Mieterschutz in Deutschland schamlos aus. Der Begriff Mietnomade kommt ursprünglich von der nicht sesshaften Lebensweise der nomadischen Wandervölker. In Deutschland gibt es aktuell ca. 15.000 Mietnomaden.
2. Macht sich ein Mietnomade strafbar?
Juristisch liegt bei einem echten Mietnomaden ein sog. Eingehungsbetrug nach § 263 StGB vor. Dies bedeutet, dass der Täter bereits bei Vertragsabschluss täuschend vorgibt, eine Verpflichtung (Zahlung des Mietzinses in der Zukunft) erfüllen zu wollen, die er tatsächlich nicht erfüllen will. Was in der Theorie bei Mietnomaden zweifellos vorliegt, ist in der Rechtspraxis jedoch nur schwer feststellbar: In der Realität ist der Übergang von einem direkten Vorsatz bei Vertragsschluss über einen Eventualvorsatz bis hin zu bewusster Fahrlässigkeit fließend. Das Problem ist, dass ein Richter dem säumigen Mieter nicht in den Kopf schauen kann um feststellen, was dieser bei Vertragsschluss vorhatte.
Aus diesem Grund haben sich in der Rechtsprechungen Typisierungen herausgebildet: Die Gerichte neigen dazu, jedenfalls dann einen Eingehungsbetrug anzunehmen, wenn von Anfang an gar keine Miete gezahlt wird. Zahlt der Mieter jedoch einen längeren Zeitraum und stellt erst dann die Zahlung ein, kommt man als Vermieter mit dem Strafrecht regelmäßig nicht weiter und kann sich einen kostenaufwendigen Zivilprozess nicht ersparen.
3. Wie schütze ich mich vor Mietnomaden?
Beim Schutz vor Mietnomaden ist zwischen den Zeiträumen vor dem Bezug der Wohnung und den Zeiträumen nach Bezug der Wohnung zu unterscheiden. Ein typischer Mietnomade macht dem Vermieter vor dem Einzug falsche oder unzureichende Angaben zum Einkommen oder Arbeitsverhältnis.
Im erstgenannten Zeitraum geht es darum, schon gar keinen Mietvertrag mit einem Mietnomaden abzuschließen, um sich späteren Ärger zu ersparen. Hierfür muss der Vermieter den Mieter als potentiellen Mietnomaden erkennen, was leider nicht einfach ist. Folgende Methoden können beim „Enttarnen“ von Mietnomaden helfen:
a) Bonitätsauskunft einfordern
bei der Bonitätsauskunft sollte darauf geachtet werden, dass diese vom Vermieter selbst gezogen sein sollte. Nicht zu empfehlen sind die „Schufa-BonitätsCheck“ von Immobilienscout24, Immowelt oder anderen Immobilienplattformen, da diese an den Mieter ausgehändigt werden und in der Vergangenheit von Mietnomaden häufig gefälscht wurden. So passiert es dann, dass selbst solche Vermieter in die Irre geführt werden, die glaubten, alles richtig zu machen. Selbst, wenn die Schufaauskunft nachweislich gefälscht ist, ist es dem Vermieter nämlich nicht erlaubt, den Mieter eigenmächtig auf die Straße zu setzen. Zwar ist der Mietervertrag in solchen Fällen nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar, zur Räumung benötigt der Vermieter aber dennoch einen Räumungstitel, der ein oftmals mindestens 6-monatiges und teures Gerichtsverfahrenen notwendig machen kann.
Dringend anzuraten ist es daher, sich die Schufa selbst über einen eigenen Zugang oder einen eigenen Beauftragten zu ziehen, der keine Verbindung zum Mietinteressenten hat. In Frage kommen dafür Immobilienmakler, Rechtsanwälte oder Steuerberater mit eigenem Schufa-Vertrag. Die tatsächlichen Kosten solch einer Schufa-Auskunft liegen für einen Vertragsinhaber bei 1,- bis 3,- Euro pro Auskunft. Ergänzend empfehlen wir die Auskunft von Creditreform insbesondere bei Gewerbemietverträgen oder als zweite Einschätzung, wenn es Zweifel an der Bonität eines Mieters gibt.
Achtung: Seit 2018 spielt die DSGVO in die Hände der Mietnomaden, weil es einem Vermieter nun nicht mehr erlaubt ist, vor einer Besichtigung eine Vorselektion anhand des Einkommens vorzunehmen. Insbesondere die Erfragung der Bonität eines Bewerbers bereits vor oder bei der Vereinbarung eines Besichtigungstermins ist laut im Datenschutz verankertem Grundsatz unzulässig, da es der erforderlichen Datensparsamkeit widerspricht. Vor und bei der Wohnungsbesichtigung ist nach der DSGVO daher nur die Erhebung des Namens und der Kontaktdaten des Interessenten zulässig. Es sind auch tatsächlich Fälle bekannt, in denen der Datenschutzbeauftragte von Hamburg datenschutzrechtliche Verfahren initiierte, weil ein Vermieter das Einkommen vor einer Zusage eines Mietinteressenten erfragt hat. Insofern müssen Vermieter, die sich datenschutzkonform verhalten wollen, zunächst allen Interessenten die Immobilie zeigen und dürfen erst nach der Zusage eines potenziellen Mieters nach dessen Einkommen fragen, was den gesamten Ablauf einer Besichtigung sehr aufwendig und damit teuer macht.
Möchte ich als Vermieter zum Beispiel keine Mieter mit unter 3000,- netto Monatseinkommen, muss ich trotzdem auch Interessenten mit 1500,- Euro Nettoeinkommen die Wohnung zeigen, selbst wenn ich diese später sicher ablehne und sich beide Parteien den Aufwand eigentlich sparen könnten.
b) Informationen zum Arbeitsverhältnis einholen
Weiterhin empfehlen wir, sich den Arbeitsvertrag und drei Gehaltsabrechnungen vom Mieter vorlegen zu lassen. Neben diesen Dokumenten ist es für den Vermieter relevant zu wissen, ob für den Mietinteressenten Kündigungsschutz bei seinem Arbeitgeber besteht. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber im Betrieb mehr als zehn feste Mitarbeiter angestellt haben muss. Bei weniger als zehn Mitarbeitern findet das Kündigungsschutzgesetz somit gar keine Anwendung, was die Zahlungsfähigkeit des Mieters potenziell unsicherer macht. Ob mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt werden, ist entweder durch Google oder einen Anruf im Sekretariat feststellbar, wobei Sie den Namen des Mieters aus Datenschutzgründen nicht erwähnen sollten.
Weiterhin erkennen Sie durch Vorlage des Arbeitsvertrages, ob es sich um einen befristeten Vertrag oder ein Arbeitsverhältnis handelt, das noch in der Probezeit ist. Viele Arbeitsverhältnisse werden in der Probezeit wieder aufgelöst und manche Mieter stellen daraufhin leider auch die Mietzahlungen ein.
Experten-Tipp: Hilfreich ist es, beim Arbeitgeber direkt anzurufen, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht. Die meisten Arbeitgeber erteilen Auskunft, um ihre Mitarbeiter bei der Wohnungssuche zu unterstützen. Uns ist jedoch ein Fall bekannt, in dem der Arbeitsvertrag, und die Lohnabrechnungen gefälscht waren. Wie sich später herausstellte, war der Mieter aufgrund ähnlichem Verhalten in der Vergangenheit schon mehrfach vorbestraft. Solche Anrufe beim Arbeitgeber können Sie also vor großen Schäden schützen.
c) Mietkaution
Sehr zu empfehlen ist es, die 1. Kautionsrate und die erste Mietzahlung vor Schlüsselübergabe zu verlangen, denn Vollblutbetrüger wollen überhaupt kein Geld für die Wohnung ausgeben. Wird das genannte vereinbart und durchgeführt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie nicht auf einen Mietnomaden reinfallen.
Leider verbietet § 551 Abs. 2 BGB, die gesamte Kaution vor Übergabe der Wohnung zu verlangen, was aus unserer Sicht der Risikoverteilung nicht gerecht wird.
Viele erfahrene Vermieter lösen das Problem so, dass Sie die Zahlung der ersten Miete sowie der vollen Kaution von drei Monaten in bar beim Vertragsabschluss einfordern bzw. eine juristische Sekunde davor. Da § 551 BGB bzw. die „drei gleichen monatlichen Teilzahlungen“ nur im Rahmen von wirksam abgeschlossenen Mietverträgen gilt, scheitern Mieter mit einem Rückzahlungsverlangen direkt nach Abschluss des Mietvertrags, wenn zwei der drei Monatsmieten mit Verweis auf § 551 BGB zurückgefordert werden. Im Ergebnis hat der Vermieter dann zumindest vier Mietzahlungen bei Vertragsabschluss vor Übergabe „sicher“, was Mietnomaden auf jeden Fall abschreckt.
d) Wohnsitz überprüfen/früheren Vermieter kontaktieren
Da Mietnomaden häufig keinen festen Wohnsitz haben, ist es ratsam, den Personalausweis des potenziellen Mieters hierauf zu überprüfen. Außerdem kann der frühere Vermieter erfragt werden, um sich bei diesem darüber zu informieren, ob der Mieter sich in diesem Mietverhältnis vertragskonform verhalten hat. Falls der Mieter den Vermieter nicht nennen will, deutet dies auf Probleme innerhalb des früheren Mietverhältnisses hin, was sie als potentiell neuen Vermieter misstrauisch stimmen sollte.
e) Schutz durch „Mietnomaden-Datenbank“ sinnvoll?
Zwar existieren im Internet einige Mietnomadenregister oder -datenbanken. Unsere Experten empfehlen jedoch ausdrücklich, diese nicht zu Rate zu ziehen bzw. sich nicht auf diese zu verlassen, weil sich sogar häufig als Mietnomaden in Erscheinung getretene Personen („Wiederholungstäter“) aus diesen Listen „herausklagen“ konnten. Als Vermieter wiegen Sie sich so in falscher Sicherheit. Außerdem gelangen einige Betreiber dieser Datenbanken durch die Datenweitergabe in das Visier des Datenschutzes, da sie personenbezogene Informationen sammeln, ohne dafür eine Erlaubnis der Mietnomaden zu haben. Datenschutz ist – wie so oft- leider auch Täterschutz.
Weiterhin raten wir auch von einer Mietausfallversicherung ab. Die zu zahlenden Beiträge sind regelmäßig viel zu hoch für das echte Risiko des Mietausfalls, das über alle Mietverhältnisse gesehen bei nur 2% liegt. Außerdem sind die Leistungen der Mietausfallversicherung an sehr enge Voraussetzungen geknüpft, sodass Sie als Vermieter am Ende trotz jahrelanger Prämienzahlung womöglich ohne Versicherungsdeckung dastehen.
Auch die Vermietung über einen Immobilienmakler hilft nur eingeschränkt vor Mietnomaden: Zwar wird hier regelmäßig eine Schufa-Auskunft verlangt, aber trotzdem besteht ein Interessenkonflikt: Der Makler möchte seine Provision verdienen und die Wohnung daher schnell und unkompliziert vermieten. Der Vermieter hingegen hat Interesse an einem langfristigen Mietverhältnis, bei dem sich der Mieter vertragskonform verhält. So lassen sich z.B. Makler durch gefälschte Schufa-Auskünfte täuschen und ziehen nicht immer eigene parallele Auskünfte. Außerdem forschen nur wenige Makler beim Vorvermieter nach und prüfen die Arbeitsverträge auch telefonisch beim Arbeitgeber.
4. Mietnomaden und verbotene Eigenmacht des Vermieters
Gerät der Mieter mit den Mietzahlungen in Verzug, so kann der Vermieter den Mieter kündigen. Dies bedeutet aber noch nicht, dass der Mieter tatsächlich auszieht, der Vermieter den Mietnomaden selbst herauswerfen oder das Schloss in dessen Abwesenheit tauschen darf.
Mietnomaden legen es vielmehr darauf an, aus einer Wohnung herausgeklagt zu werden, weil sie wissen, dass dies oft 12-18 Monate dauert und den Vermieter viel Geld kostet.
Zunächst muss der Vermieter also einen Räumungsprozess in Form der Räumungsklage einleiten, denn nur mit einem vollstreckbaren Urteil kann mit einem Gerichtsvollzieher geräumt werden. Dies sollte so schnell wie möglich erfolgen, um weitere finanzielle Verluste zu vermeiden.
a) Warum keine kalte Räumung
Das Gewaltmonopol liegt in Deutschland beim Staat und nicht in den Händen des Vermieters, insofern verbietet sich die „kalte Räumung“. Unter diesem Begriff versteht man das die Inbesitznahme der Wohnung ohne Räumungstitel, beispielsweise durch Austauschen der Schlösser in Abwesenheit des Mieters.
Konkret ist es nicht erlaubt, den bereits erlangten Besitz durch eigenes Handeln einem anderen wieder „wegzunehmen“. Zivilrechtlich liegt ansonsten verbotene Eigenmacht des Vermieters vor, § 858 BGB. Räumt der Vermieter die Wohnung eigenmächtig aus, haftet er auf Ersatz des daraus entstandenen Schadens für den Mieter (hierzu gleich mehr). Damit nicht genug, dem Vermieter drohen in Fällen der „kalten Räumung“ sogar strafrechtliche Konsequenzen: Da nämlich mit Abschluss des Mietvertrags der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG nicht mehr dem Vermieter, sondern dem Mieter zusteht, begeht der Vermieter, der ohne Zustimmung des Mieters die Wohnung betritt, strafrechtlich einen Hausfriedensbruch und macht sich nach § 123 StGB strafbar. Ebenfalls denkbar ist eine Strafbarkeit aufgrund Nötigung gemäß § 240 StGB, begangen durch physische Verweigerung des Wohnungszutritts.
b) Kalte Räumung kann teuer werden
Einerseits kann der Mieter im Eilverfahren eine einstweilige Verfügung erwirken, die ihm das sofortige Recht einräumt, die Wohnung wieder in Besitz zu nehmen, selbst wenn er von Anfang an keinerlei Mietzahlungen geleistet hat. Die Kosten dieser Gerichtsverfahren treffen dann den Vermieter, selbst wenn er keinen Cent an Mietzahlungen vom Mieter erhalten hat.
Andererseits kann ein juristisch vorgebildeter Mieter den Vermieter auch noch trickreich mit Schadensersatz belasten:
Ein Mieter behauptete, das sich in der vom Vermieter durch verbotene Eigenmacht geräumten Wohnungen Möbel im Wert von 60.000,- Euro befunden hätten, was der Vermieter bestritt. Laut BGH kehrt sich in einem solchen Fall die Darlegungs- und Beweislast um, d.h. der Vermieter muss darlegen und beweisen, dass die vom Mieter behaupteten Gegenstände tatsächlich nicht in der Wohnung vorhanden waren. Einen solchen Beweis kann ein Vermieter jedoch nur dann führen, wenn er ein vollständiges Bestandsverzeichnis erstellt und den Wert der darin aufgenommenen Gegenstände feststellen lassen hat. Das hatte der Vermieter in diesem Fall versäumt.
Experten-Tipp: Handeln Sie niemals ohne vorherige rechtliche Beratung, da der Mieter im Falle einer kalten Räumung sehr leicht eine einstweilige Verfügung beantragen kann und damit sofort wieder in den Besitz der Wohnung kommt, selbst wenn er schon Monate keine Miete gezahlt hat. Alle Kosten sind dann gemäß § 91 ZPO vom Vermieter zu tragen, da dieser sowohl im Eilverfahren als auch im Hauptsacheverfahren unterliegen wird.
5. Schritte zu einer Kündigung, einem Titel und anschließender Räumung:
Voraussetzung für ein geordnetes gerichtliches Verfahren ist zunächst eine wirksame Kündigung des säumigen Mieters, bei der für den Vermieter bereits viele Fallstricke lauern:
a) Abmahnung notwendig?
Eine schriftliche Abmahnung des Mieters ist nur notwendig, wenn er nicht mit zwei aufeinanderfolgenden Mieten in Verzug ist (§ 543 Abs. 2 S.1 Nr. 3a BGB).
Insbesondere nicht notwendig ist die Abmahnung, wenn der Mieter (nachweisbar!) die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und er dies als sein letztes Wort verstanden wissen will (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 3/11- zu § 314 BGB). Dafür benötigen Sie aber Zeugen oder noch besser eine WhatsApp oder eine E-Mail. Der kluge Vermieter führt solche Verhandlungen also nicht mündlich, um sich später nicht in Beweisnot zu bringen! Auch Zeugen kann man nicht in eine Akte quetschen, weshalb eine kopierte WhatsApp, ein Brief oder eine ausgedruckte emotionale (und gerne mal unüberlegte) E-Mail des Mieters immer das einfachste Beweisstück ist.
Schließlich bedarf es ebenfalls keiner Abmahnung, wenn diese offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB.) Problematisch ist es aber, zutreffend zu bestimmen, ob dieser Fall der Erfolglosigkeit vorliegt. Klassischerweise ist die Abmahnung nicht notwendig, wenn der Mieter ganz offensichtlich hart gegen ein Verbot verstößt, zum Beispiel andere Hausbewohner schlägt, Keller aufbricht oder sonstige Straftaten begeht.
Leider urteilen die Gerichte aber auch immer wieder übertrieben mieterfreundlich: In Hamburg ist ein drogenabhängiger Mieter in der Badewanne eingeschlafen, während das Wasser einlief. Diese ist daraufhin übergelaufen und hat zu einem derart großen Wasserschaden geführt, dass die Wohnung darunter 6 Monate saniert werden musste und die Mieter dafür ausziehen mussten. Trotzdem konnte dem Verursacher nicht ohne Abmahnung gekündigt werden, weil er keinen Vorsatz hatte, so das AG Hamburg-Blankenese. Tatsächlich lief die Wanne noch ein zweites Mal über. Da der Vermieter nun eine Abmahnung ausgesprochen hatte, musste das Gericht nicht mehr entscheiden, ob auch nach 32.000,- Euro Schaden durch zwei im Drogenrausch übergelaufene Wannen der Mieter ohne Abmahnung hätte gekündigt werden können. Für den Vermieter war es ein finanzielles Desaster, die Miete der Wohnung betrug 290,- Euro netto, auf dem Schaden blieb er sitzen.
Typischerweise notwendig sind die Abmahnung in Fällen, die leichte oder mittelschwere Verletzungen der Vermieterrechte bedeuten: Bei immer wieder auftretendem Verzug über einen längeren Zeitraum ist eine Abmahnung notwendig.
Experten-Tipp: Wir raten dazu, für alle denkbaren Fälle eine Abmahnung zu versenden, um auf keinen Fall bei einer späteren Klage an dieser Hürde zu scheitern. Die Abmahnung sollte nicht als Einschreiben versendet werden, weil der Mieter hier den Zugang nach § 130 BGB durch Annahmeverweigerung vereiteln kann. Deshalb ist immer einem Einwurfeinschreiben der Vorzug zu geben, denn dieses geht zu, wenn der Postbote es in den Briefkasten steckt.
Anekdote: Einer unserer problematischen Mieter hatte seinen Namen am Klingelschild entfernt, um auch den Zugang des Einwurfeinschreibens zu vereiteln und somit der Kündigung zu entgehen. Wir haben dann durch eigene Mitarbeiter morgens vor Eintreffen des Postboten den Namen selbst angebracht und dies auch offen zugegeben. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat den Zugang der Kündigung trotz unserer Eigenmacht wirksam bejaht.
b) Tatbestand der Kündigung erfüllen.
Wichtig ist bei der Kündigung, dass der Vermieter keine Gründe zur Begründung der Kündigung nachschieben kann, wenn er diese im Kündigungsschreiben nicht bereits angeführt hat. Die außerordentliche Kündigung steht also unter Begründungszwang!
Relevant sind zum Beispiel die Tatbestände des § 543 BGB, Verzug mit mindestens zwei Monatsmieten, Verzug mit mehreren Teilbeträgen in Höhe von zwei Monatsmieten oder Verzug in zwei aufeinanderfolgenden Monaten mit mehr als einer Miete insgesamt.
Alle diese Fälle bedürfen keiner besonderen zusätzlichen Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter und können auch nicht durch besondere Argumente des Mieters (Krankheit, Kleinkinder, Arbeitslosigkeit) entkräftet werden, da es sich bei diesen Kündigungsgründen um gesetzlich typisierte Fälle der Unzumutbarkeit einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses handelt.
Um alle denkbaren Fälle abzudecken, sollte neben der außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a BGB (Mietrückstand mit zwei Monatsmieten) zusätzlich außerordentlich nach § 543 Abs. 1 S. 2 BGB (wegen Unzumutbarkeit) sowie auch noch hilfsweise „ordentlich“ (also mit den regulären Kündigungsfristen) gekündigt werden.
c) Die Form der Kündigung einhalten
Eine Kündigung eines Wohnraummietvertrags muss immer schriftlich geschehen. Damit ist eine Kündigung per E-Mail, Fax oder SMS unwirksam (§ 568 BGB).
Sie wird erst dann rechtswirksam, wenn sie die eigenhändige Unterschrift der kündigenden Partei aufweist. Da bei einer SMS oder WhatsApp eine derartige Unterschrift nicht möglich ist, ist hier keine Rechtswirksamkeit gegeben.
Außerdem muss eine Kündigung immer die genaue Bezeichnung und Lage des Objektes aufweisen, also Adresse mit Straße, Hausnummer, Etage und Wohnungsnummer oder Lage auf der Etage. In jedem Fall muss für Empfänger klar erkennbar sein, welches Objekt gekündigt wird.
Für Erbengemeinschaften oder Ehegemeinschaften gilt: Eine Kündigung des Mietvertrages muss immer von allen Mietern oder allen Vermietern eigenhändig unterzeichnet werden, ansonsten ist die Kündigung rechtsunwirksam.
Weiterhin muss die Kündigung zu einem konkreten Enddatum (richtig) berechnet oder mit dem Vermerk „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ versehen sein. Wichtig ist, dass der Kündigungsempfänger (zumindest mit professioneller Hilfe) in die Lage versetzt wird, sich das Enddatum korrekt auszurechnen.
Schließlich muss die Kündigung dem Empfänger nachweislich zugehen, wobei der Absender die Beweislast trägt. Dringend geboten ist daher ein Einwurfeinschreiben, eine persönliche Übergabe unter Zeugen oder eine Zusendung „Vorab per Fax“, wobei der Sendebericht aufzuheben ist, da dieser die Beweislast umkehrt.
d) Was ist, wenn der Mieter doch noch zahlt?
Der Gesetzgeber möchte wegen der besonderen Schutzwürdigkeit des Mieters diesem die Möglichkeit geben, durch Zahlen der Mietschulden die Wirkungen der bereits ausgesprochenen Kündigung nachträglich zu beseitigen (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB). Dies geht jedoch nur einmal in einem Zeitraum von zwei Jahren!
Begleicht der Mieter sämtliche Mietrückstände sogar schon vollständig, noch bevor ihm die Kündigung des Vermieters zugeht, entfällt das Kündigungsrecht des Vermieters vollständig. Rechtlich gesehen wird die ausgesprochene Kündigung schon gar nicht erst wirksam (§ 543 Abs. 2 S. 2 BGB). Deshalb ist es wichtig, sofort nach Verzug mit der zweiten Miete die Kündigung auszusprechen, zurücknehmen können Sie diese als Vermieter immer noch. Hierdurch bringen Sie sich in eine rechtlich stärkere Position.
e) Räumungstitel erwirken
Mit Ablauf des Mietverhältnisses durch wirksame Kündigung verliert der Mieter seinen Anspruch auf den Besitz an der Wohnung. Jedoch zieht der Mieter nach Mietvertragsende oft nicht freiwillig aus, so dass ein Räumungstitel erwirkt werden muss, der es einem Gerichtsvollzieher ermöglicht, die Wohnung zu räumen. Mit der Räumungsklage erhalten Vermieter einen vollstreckbaren Räumungstitel.
Eine Räumungsklage ist grundsätzlich vor dem Amtsgericht zu erheben und zwar unabhängig von der Höhe des Streitwertes, soweit es um Wohnraum geht. Der mittels der Räumungsklage erwirkte Räumungstitel muss sich auf alle Personen beziehen, die in einer Wohnung gemeldet sind. Daher ist es dringend geboten, zuvor eine Melderegisterauskunft zu ziehen, wozu jeder Hauseigentümer berechtigt ist. Betroffen sind zum Beispiel auch die Ehepartner, die Untermieter, Kinder oder Eltern des Beklagten.
Zum Problem können häufig verbotene Untermieter werden: Die Vollstreckung der Räumungsklage kann selbst dann nicht erfolgen, wenn der Mieter den Untermieter nur zum Zweck der Verhinderung der Zwangsräumung aufgenommen hat. Grund hierfür ist, dass der Gerichtsvollzieher grundsätzlich nur die Personen aus der Wohnung verweisen kann, die namentlich im gerichtlichen Räumungstitel bezeichnet sind.
Aus diesem Grund konnten einige Mietnomaden eine Räumung der Wohnung immer wieder dadurch vereiteln, dass ständig neue wechselnde Mietbewohner aufgenommen und dem Gerichtsvollzieher am Tag der Räumung präsentiert wurden. Diese fiese Taktik erkannte der Gesetzgeber schließlich und schuf mit dem neuen § 940a II ZPO Abhilfe. Demnach kann nunmehr eine Räumung gegen dritte Mitbewohner durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, sofern gegen den Hauptmieter selbst ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter von dem unbekannten Bewohner keine Kenntnis hatte. Erfährt er im Laufe des Rechtsstreits von deren Existenz, muss er sie namentlich einbeziehen. Für minderjährige Kinder gilt dies jedoch nicht, diese sind besonders geschützt.
Bei Wohngemeinschaften empfiehlt es sich, die Räumungsklage sowohl gegen die Wohngemeinschaft als solche, als auch gegen die einzelnen Bewohner zu erheben. Falls diese fortlaufend wechseln, kann der Räumungsantrag mit unbestimmter Personenangabe gestellt werden.
Das Gericht fordert vom Kläger nach dem Einreichen der Räumungsklage einen Gerichtskostenvorschuss, der sich nach der Höhe des Streitwerts richtet. Dieser muss bezahlt werden, damit die Räumungsklage eröffnet werden kann. Anschließend wird dem Mieter in der Regel eine Räumungsfrist eingestanden, in der er die Wohnung selbstständig verlassen kann. Bei kranken, alten oder selbstmordgefährdeten Personen kann vom Mieter allerdings ein Räumungsschutz beantragt werden. Dies kann die Dauer der Räumungsklage erheblich verlängern.
Vermieter sollten sich nicht der Illusion hingeben, dass mit einer Räumungsklage der Fall schnell erledigt wäre. Realistisch ist eine Verfahrensdauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr. In Ausnahmen kann dies sogar auch zwei Jahre in Anspruch nehmen. Dies ist letztlich davon abhängig, wie sehr das Gericht die Räumungsklage forciert, welche Frist gesetzt wird und wie aufwändig die Prüfung der Beweise ist.
Selbst nach Aussprache des Räumungstitels bleibt dem Mieter noch eine Möglichkeit, die Zwangsräumung (zumindest auf Zeit) zu verhindern, indem er beim zuständigen Gericht Vollstreckungsschutz beantragen kann. Dieser wird von den Gerichten jedoch nur in absoluten Extremfällen gewährt: Die Räumungsmaßnahme muss unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Vermieters wegen besonderer Umstände eine für den Mieter unzumutbare Härte bedeuten. Ob dies der Fall ist, wird durch eine umfassende Interessenabwägung des Gerichts bestimmt, wobei Umstände wie schwere Erkrankung, drohende Obdachlosigkeit oder Suizidgefahr berücksichtigt werden.
6) Was kosten Kündigung und Räumung?
Gemäß § 41 Abs. 2 GKG errechnet sich der Streitwert für die Kündigung und das Räumungsverlangen eines Wohnraums nach dem einjährigen Mietzins. Gemeint ist die Nettomiete.
Beträgt die Miete beispielsweise monatlich 800 € kalt, wird dieser Betrag mit zwölf multipliziert und ergibt den zugrunde zu legenden Streitwert, also 9600,- €.
Hieraus ergeben sich bei einem Hauptsacheverfahren mit Anwälten auf beiden Seiten folgende Kosten:
Streitwert | 9.600,00 € |
Anwaltsgebühren | 4.575,60 € |
Auslagenpauschalen | 40,00 € |
MwSt. 19% | 876,96 € |
Gerichtsgebühren | 482,00 € |
Gesamtkosten | 5.974,56 € |